Die Rolle von Pepi Prantl im Nationalsozialismus

Möchte man die Person Josef „Pepi“ Prantl während der Zeit des Nationalsozialismus kritisch hinterfragen, ist es notwendig, seine Biografie zu studieren und dazu passend eine genaue historische Analyse durchzuführen. Nur so lässt sich einschätzen, welche Absichten während dieser Epoche hinter welcher seiner Vorgehensweisen stehen könnten. Deshalb möchten wir die uns bekannten Fakten an dieser Stelle in Bezug zueinander bringen und schließlich die uns logisch erscheinende Schlussfolgerung mit Ihnen teilen. Sollten wir auf uns bislang noch unbekannte (überprüfbare) Informationen stoßen, werden wir diese gerne einarbeiten und alles neu bewerten.

Abstract

Pepi Prantl kehrte von einem großen Erfolg in Brasilien getragen im Jahr 1937 in seine Heimat zurück. Nicht zuletzt, um seine kranke Mutter zu sehen. Vor allem wohl aber, um mit seiner Oper "Yara" hier als gefeierter Komponist seine Karriere weiter vorantreiben zu können. Doch ging er in einem sehr veränderten NS-Deutschland an Land. Und das ausgerechnet mit einer Oper, in der ein "deutscher Mann" (eher doch ein echter Tiroler), einer "Indianerin" tatsächlich den Vorzug vor einer "deutschen Frau" gibt... die sich deswegen dann auch noch selbst tötet...

 

In Deutschland – insbesondere in Berlin – traf er damit auf eine Gesellschaft, die bereits 1935 mit den Nürnberger Gesetzen ihre rassistische Ideologie einstimmig vom Deutschen Reichstag bestätigt erhalten und damit nicht zuletzt eine juristische Realität geschaffen hat (Stichwort: Blutschutzgesetz). Man mag einem Komponisten mit solch einem Libretto in der Tasche nach NS-Deutschland reisend eine ordentliche Portion Naivität und Ignoranz vorwerfen... ein Komponist mit nationalsozialistischer Gesinnung hätte jedenfalls eine völlig andere Oper mitgebracht.

 

Tatsächlich kam es aus den gerade genannten Gründen nie wieder zu einer Aufführung der Oper "Yara". Zwar startete Pepi Prantl noch den Versuch, ein neues – angepasstes – Libretto für die Oper schreiben zu lassen... aber auch das scheiterte. Und als er dieses Scheitern erkannt haben dürfte... eine ehrenvolle Rückkehr in seine zweite Heimat Brasilien glaubte er damit verspielt zu haben. Bald darauf gab es dann aber tatsächlich kein „zurück“ mehr.

 

In einem recht kurz gehaltenen Wikipedia-Eintrag über Pepi Prantl steht: "Am 18. Juni 1938 beantragte er die Aufnahme in die NSDAP und wurde am 1. Januar 1940 aufgenommen (Mitgliedsnummer 7.887.866). [Einzelvermerk: Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/4150276] " (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Prantl_(Komponist) – 28.05.2022). Nach einer Recherche-Anfrage unsererseits beim Bundesarchiv in Berlin können wir das bestätigen.

 

Wie wir alle freilich wissen, ist eine Parteizugehörigkeit zur NSDAP zu dieser Zeit jedoch kein Garant einer politischen Überzeugung. Andererseits bedurfte es keiner Parteizugehörigkeit, um als Überzeugungstäter nationalsozialistisches Gedankengut zu verbreiten, was zahlreiche andere sehr wohl bewiesen haben. Diese Erkenntnis ist für uns wichtig, die wir in demokratischen Verhältnissen aufgewachsen sind, bei der ein "Partei-ergreifen" selbstverständlich auch mit einem politischen Statement verbunden ist. Und auch so verstanden werden soll.

Hier die Ausführungen im Detail:

Erste Schritte als Kapellmeister und Komponist

Die Jahre 1921 bis 1929 in der Schweiz und Deutschland waren von seinem beharrlichen Bestreben geprägt, musikalisch möglichst vielversprechend aufzufallen und als Kapellmeister und Komponist erfolgreich zu sein. Auch wenn ihm das – nicht zuletzt dank seiner Operette „Die Zwillinge“ – ganz gut gelungen sein mag, blieb dennoch seine tägliche Herausforderung, sich in dieser Krisen-geschüttelten Zeit finanziell „über Wasser“ zu halten. Und noch viel komplexer: so etwas wie eine nachhaltige Karriere zu begründen. Einen guten Eindruck seiner prekären Situation in Putbus und Berlin bekommt man durch eine ausführliche Beschreibung von Hans Erich Berg (damals Spielleiter des Schauspiels des fürstlichen Schauspielhauses in Putbus auf Rügen und bald ein guter Freund von Pepi) in dessen Roman: „Es kommt ein Wagen her aus Böhmen“.

 

Brasilien – Land der Hoffnung und Träume

Sein eigentlicher Weg zum musikalischen Erfolg begann erst mit der Übersiedelung und Entfaltung seiner musikalischen Aktivitäten in Santa Catarina. War es zufälliges erfahrenes Glück oder vielmehr glücklich ausgeschöpftes Kalkül (die befreundete Familie Pfützenreuter-Schlemm dürfte Pepi nach Brasilien gelockt“ haben): Pepi wurde in Santa Catarina vermutlich aufgrund großen Bedarfs nach möglichst professionellen musikalischen Veranstaltungen einerseits… und seinen besonderen Fähigkeiten als Pianist, Kapellmeister und Komponist andererseits schnell und überschwänglich als „Maestro“ bezeichnet – und bald führte in Joinville musikalisch kaum mehr ein Weg an ihm vorbei.

 

Die Oper „Yara“ (Uraufführung 1936) ist sicherlich das Hauptwerk seines kompositorischen Schaffens – sie hat dafür immerhin auch fünf Jahre Entwicklungszeit in Anspruch genommen. Der in den frühen 20er-Jahren in Brasilien eingewanderte Autor Otto Adolf Nohel griff dafür eine bekannte brasilianische Legende auf – prägte sie jedoch vom Alltag der Anfänge in der „neuen Welt“. Einer Welt, welche sich europäische Siedler über Jahrzehnte auf Gedeih und Verderb aufgebaut hatten. Die handelnden Figuren stammten – deshalb wenig überraschend – fast ausschließlich aus der alten Heimat Tirol. Einige zentrale Momente der Oper verdeutlichen in sehr berührender Weise ein wichtiges Thema der ersten, wie der späteren Siedler: das Leben zwischen ihrer Heimweh in sehnsuchtsvollen Erinnerungen und ihrem Ankommen in der – nicht ganz ungefährlichen, da seltsam vertrauten und doch divergenten – neuen Heimat. So wird das markante „Lied an Tirol“ im zweiten Akt etwas später im dritten Akt durch eine „Hymne an Brasilien“ beantwortet… und findet so seine Erfüllung.

 

Bemerkenswert: Während die geschichtliche Problematik der Einwanderer im Spannungsfeld eines pragmatisch-wirtschaftlichen Neustarts und einer beabsichtigten kulturellen Kolonialisierung (1937 durch Getúlio Vargas mit Ausrufung des „Estado Novo“ quasi unterbunden) bis heute sehr kontrovers diskutiert wird, griff das Original-Libretto der Oper „Yara“ dieses Thema zwar etwas grob, aber mutig auf und bekannte die Schuld der Siedler unmissverständlich. Die Erzählungen des „alten Alemão“ erscheinen heute als Fingerzeig für den Umgang mit diesem heiklen gesellschaftlichen Thema.

 

Das überlagernde Sagen-Motiv der Oper schließlich diente als Brücke zwischen den verschiedenen Kulturen. Und das ungeachtet eines schon in den 30er-Jahren immer stärker aufkommenden rassistischen Kurses in Brasilien. Der etablierte sich früh über die nationalsozialistische Bewegung – insbesondere in den deutschen Siedlungsgebieten. Aber beileibe nicht nur dort (siehe hierzu auch „Ação Integralista Brasileira“). Tatsächlich wird die Oper „Yara“ anfangs gar von der „Auslandsorganisation der NSDAP“ (AO) gefeiert aufgenommen und Pepi Prantl u.a. mit einem Anerkennungsschreiben der Ortsgruppe Joinville und einer Richard-Wagner-Gedenkmünze ausgezeichnet. (Pepi Prantl war der OA nie beigetreten. Brasilianische Historiker:innen haben im archivierten Partei-Mitgliedsregister trotzdem nach ihm recherchiert – aber nicht gefunden.) Ohne die inhaltlichen Hintergründe des Librettos genau zu kennen oder zumindest zu hinterfragen, hatten sie Pepi Prantl bestärkt, die Oper in weiteren Städten und gar im Deutschen Reich aufzuführen. Das dürfte allerdings einzig dem Umstand geschuldet gewesen sein, dass es sich dabei um eine – DIE erste – „deutsch-brasilianische“ Oper gehandelt hat. Inhaltlich widersprach das Werk indes völlig der Ideologie der Nazis, was schließlich mit dazu geführt hat, dass alle Bemühungen einer Wiederaufführung in brasilianischen Städten wie Sao Paulo und Rio letztlich zum Scheitern verurteilt waren. (Mehr Informationen zur Situation der Deutschen im Brasilien jener Zeit und dem Aufstieg der Nazis in den deutschen Kolonien: Band 1 – „Deutsch-Brasilianische Beziehungen“, Artikel: „Nazis unter Verdacht? Brasilien, 1933-1945“ von Maria Luiza Tucci Carneiro)

 

Während also der politische Kurswechsel jener Zeit im Alltag Joinvilles unübersehbar wurde (auch Medien wie die Kolonie Zeitung wurden politisch unterwandert und damit „auf Kurs“ gebracht), fand das alles in einer späteren „Überarbeitung“ des Librettos durch Pepi Prantl selbst (Nohel starb ja leider aufgrund eines Unfalltodes im Januar 1932) erstaunlich wenig Resonanz. Die Geschichte der Oper verharrte fast schon ignorant und politisch naiv in ihrem Konglomerat aus Nostalgie und Sagenerzählung. Die Beigaben aus dem Alltag der zivilgesellschaftlichen Siedler-Gemeinschaft blieben im mystisch verklärten Märchenstoff wie schon in der Originalfassung von Nohel grob eingewoben (was letztlich die künstlerische Problematik des Librettos begründet). Und so treffend, so emotionell und so musikalisch genial das Erleben der Oper „Yara“ für alle Menschen bei ihren wenigen Aufführungen auch gewesen sein mag … im politischen Konstrukt ihrer Zeit konnte sie aufgrund ihrer Handlung nicht lange bestehen.

 

Da sich der Erfolg der Oper „Yara“ in Brasilien nicht fortzusetzen schien und sich das Leben in Joinville für die „normalen“ Siedler wohl auch nicht mehr sonderlich vorteilhaft zu entwickeln schien, flammte in Pepi Prantl absehbar der Wunsch auf, endlich auch in der alten Heimat zu reüssieren. Vielleicht war der ausschlaggebende Moment aber auch, seine erkrankte Mutter noch einmal wiederzusehen. Sie starb 1938. Mit finanzieller Unterstützung seiner deutsch-brasilianischer Freunde brach er jedenfalls schon im April 1937 nach Deutschland auf.

 

Wieder in Deutschland...

Am 20. Mai 1937 ist Pepi Prantl in Hamburg eingetroffen. Zuerst alleine. Seine Frau Lotte dürfte ihm mit Sohn Rolf jedoch schon einige Monate später nachgefolgt sein. Der Deutsche Kurzwellensender in Zeesen bei Berlin strahlte jedenfalls am 01. Februar 1938 die Sendung „Deutschbrasilianer, hört zu!“ aus, für die „das Künstlerpaar Frau Lotte und Herr Pepi Prantl“ (Quelle: Der Kompass, Januar 1938) verpflichtet wurde. 

 

Es gelang Pepi Prantl jedoch nicht, die deutsch-brasilianische Oper „Yara“ (in den damaligen Medien gemeinhin als romantische Oper bezeichnet) in den deutschen Opernhäusern erfolgreich zu platzieren. Der Grund war freilich nicht in den künstlerischen Mängeln des Librettos zu suchen… sondern in der Geschichte selbst: Die Oper „Yara“ handelt über den jungen Adeligen Ralph aus Tirol. Ralph glaubt, einen erfolgreichen, reichen Nebenbuhler bei seiner Verlobten durch einen Fluch zu Tode gebracht zu haben. Er flieht deshalb... und versteckte sich letztlich weit entfernt im brasilianischen Dschungel. Dort verliebte sich die indigene Yara in ihn. Ralph hatte das bislang gar nicht realisiert – zu sehr steckte er in seiner Verzweiflung fest. Erst als er von seiner ehemals Verlobten und deren Vater aus dem Tirol in Brasilien gefunden wird, erkennt er seine wahren Gefühle und er bekennt sich zu seiner Liebe zu Yara. Da sich nunmehr seine ehemalige Verlobte voller Verzweiflung in einen reißenden Fluss stürzt, will deren Vater unseren Protagonisten Ralph erschießen. Doch Yara wirft sich dazwischen... (letzteres ist eine von Pepi Prantl initiierte Abweichung zum Original-Libretto des Autors Otto Adolf Nohel).

 

Dass Pepi Prantl in Deutschland mit seiner „Yara“ erfolglos war, scheint uns heute natürlich naheliegend. Es verstärkt jedoch den Eindruck, dass Pepi Prantl die wirkliche politische Lage nicht realistisch eingeschätzt haben kann. Denn unermüdlich trieb es ihn an: Nach mehreren Arbeitsproben – unter anderem bei Franz Wüllner, der um eine Expertise gebeten wurde und ein Empfehlungsschreiben für Pepi Prantl verfasst hatte – wurde schließlich die Ouvertüre vom Deutschen Reichsfunk am 31.07.1937 / 01.08.1937 aus Anlass der „Sondersendung zum Deutschen Tag in Sao Paulo“ gesendet und sogar am 12.10.1937 zum „Tag der Rasse“ wiederholt. Die musikalische Qualität der Komposition stand also offensichtlich nicht in Zweifel. Die ganze Oper wurde für eine Aufführung jedoch nie in Erwägung gezogen. Deshalb unternahm Pepi Prantl wohl den verzweifelten Versuch, das Libretto umzuschreiben. Die Oper sollte in Folge „Orchidee“ heißen und „Yara“ zu einem verlorengegangenem Kind „weißer Siedler“ werden, welches von „Indianern“ gerettet und aufgezogen wurde. Die Geschichte und das völlig sinnlose und verunglückte Libretto von Willy Lanzelin wollte aber nicht zur Musik passen. Die Umarbeitung blieb in den Anfängen stecken, der Komponist zu diesem Zeitpunkt weiter ohne Beschäftigung und ohne Existenzsicherung. Zwar dürfte noch eine Rückkehr nach Brasilien grundsätzlich möglich gewesen sein. Denkbar war sie für Pepi Prantl zu diesem Zeitpunkt jedoch sicherlich nicht, musste dies ja als Eingeständnis seiner Niederlage gewertet werden.

 

Rückzug nach Tirol

 Am 07. August 1937 findet sich im Schwazer Lokal-Anzeiger: „Der in Brasilien als Komponist und Dirigent wirkende Pepi Prantl aus Schwaz, ein Bruder des akademischen Bildhauers Albert Prantl, ist zu einem längeren Erholungsaufenthalt in seine Heimatstadt gekommen.“ Und noch im September erschien in den Innsbrucker Nachrichten unter dem Titel „Ein Tiroler Musiker in Brasilien“ ein Portrait über Pepi Prantl. Beide Male schien zwar seine eher exotische Internationalität interessant gewesen zu sein, doch findet sich auch in Tirol kein Hinweis auf greifbares Interesse einer Neu-Inszenierung der Oper „Yara".

 

Am 03. Juni 1938 brachte er im Großgasthof Post in Schwaz sein erstes Orchesterkonzert (laut Deutsche Volkszeitung ein Kulturabend) zur Aufführung. Zwar liest man nun in der Berichterstattung des Schwazer Lokal-Anzeigers vom 11. Juni 1938 von einer „... wohlverdienten Ehrung durch die Anwesenheit des Gauleiters von Tirol, Pg. Franz Hofer, sowie des Schirmherrn, der Veranstaltung, dem Leiter der Fachschaft Musik des Gaukulturamtes für Tirol, Pg. Prof. Dr. Karl Senn und dem Kreisleiter von Schwaz, Pg. Ing. Adolf Kunsek.“ Doch abgesehen von den damals üblichen NS-Ritualen – in welche vermutlich das Vorspiel der romantischen Oper „Yara“ eingebettet wurde – wird dort auch berichtet, dass sich eben jene honorigen Herren danach in das Gasthaus „Schulgaßl“ verabschiedet haben, während die Veranstaltung in der Post mit den sieben kleinen musikalischen Skizzen aus „Das Haus auf dem Berge“, einem Präludium „Urwalddichtung“ und den Liedern „Einsame Wanderung“, „Wiegenlied“, „Liebesfragen“ und „Sehnsucht“ (gesungen von Lotte Prantl) nach heutigem Empfinden erst als Konzert erkennbar wurde.

NSDAP-Gaukartei | BArch R 9361-IX KARTEI / 4150276
NSDAP-Gaukartei | BArch R 9361-IX KARTEI / 4150276

In dem recht kurz gehaltenen Wikipedia-Eintrag über Pepi Prantl steht: „Am 18. Juni 1938 beantragte er die Aufnahme in die NSDAP und wurde am 1. Januar 1940 aufgenommen (Mitgliedsnummer 7.887.866). [Einzelvermerk: Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/4150276]“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Prantl_(Komponist) – 28.05.2022). Nach einer Recherche-Anfrage unsererseits beim Bundesarchiv in Berlin können wir das bestätigen.

 

Zwar wissen wir nicht, was in dieser Zeit tatsächlich vorgefallen ist. Vermutlich versprach er sich dadurch – wie viele andere auch – einen Vorteil in beruflicher Hinsicht und/oder eine Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben. Was wir jedoch zuverlässig wissen ist, dass er zu dieser Zeit gerade einmal als Bürohilfskraft beim Finanzamt in Schwaz arbeitete, um überhaupt seinen Lebensunterhalt verdienen und seine Familie ernähren zu können.

 

Sein Aufnahmeantrag am 18. Juni 1938 wäre freilich umso naheliegender, hätte man (...) ihn im Umfeld seines gerade stattgefundenen… für die Propaganda des "Wiederaufbaues“ wichtigen Kulturabends absehbar wissen lassen, dass er als Parteigenosse (Pg.) weitere Konzerte (mit entsprechender Unterstützung) würde geben können. Aber das ist reine Spekulation. Die Parteiaufnahme wurde jedenfalls nicht zeitnah umgesetzt. Es dauerte sogar bis 1940, dass seine Mitgliedschaft bestätigt wurde. Dies möglicherweise auch nur in Verbindung mit seinen Bemühungen, 1940/1941 eine für ihn passende, musikalische Anstellung in Bludenz zu finden.

Neue Möglichkeiten in Vorarlberg

In Bludenz baute er als neuer Musikdirektor das seit 1934 weitgehend brachliegende musikalische Leben wieder auf: 1941 die Musikschule, 1942 das „Städtische Orchester“ und dazu gründete er auch noch einen gemischten städtischen Chor (von dem jedoch kaum etwas bekannt ist). Nach einer annullierten Ehe von Lotte heiratete er in Bludenz Thusnelda Schneider und wurde Vater seines zweiten Sohnes Wolfram. Sein Sohn Rolf soll 1945  bei einem Unfall ums Leben gekommen sein.

 

Inmitten des Krieges hatte Pepi Prantl auch in Bludenz oft mit sehr schwierigen Situationen zu kämpfen. Doch er mühte sich, seine Programme und Auftritte politisch möglichst neutral zu halten, was ihm natürlich nicht immer gelang. Das „Tirol-Lied“ aus der Oper „Yara“ musste er etwa umdichten und so wurde es zum „Lied an Vorarlberg“. Im Februar 1942 führte er eine große „Mozartfeier“ auf. Ebenso 1942 lief der Ufa-Kulturfilm „Der Geißbub“ in den Kinos an, für den er die Musik lieferte (mit einigen Reminiszenzen aus seiner Oper). Er weigerte sich zudem – mit Anspielung auf Furtwängler – zu seinen Auftritten Uniform zu tragen. Schließlich durfte er eine Frackhose zu einer Uniformjacke tragen, was ihm den Spitznamen „Klein-Furtwängler“ eintrug.

 

Obwohl Pepi zeitlebens an Asthma litt und sich im WK1 schwere Verwundungen zugezogen hatte, die eine massive „Kriegsbeschädigung“ mit sich brachte und er folglich für einen weiteren Militärdienst untauglich war, musste er im Oktober 1944 zum „langfristigen Notdienst“ einrücken. Zu dieser Zeit dürfte letztlich auch die Musikschule ihren Betrieb eingestellt haben.

 

Vom Regen in die Traufe

Nach dem Krieg setzte sich seine biografische Tragödie fort. Bereits im Herbst 1945 begann er, das Städtische Orchester mit Billigung der Stadt Bludenz erneut neu aufzubauen. Und schon im November 1945 fand ein Konzert im Saal des „Österreichischen Hofes“ unter Beteiligung des Kirchenchors und Musiker des Rundfunkorchesters Dornbirn statt. Sein Posten als Musikdirektor wurde 1946 jedoch mit dem ehemaligen Bludenzer Chorregenten Hans Rubey besetzt. Aus mehreren Archiven – u.a. der Familie Prantl – geht hervor, dass ihn jemand in dieser Zeit in Bludenz als überzeugten Nazi anzuschwärzen versuchte (der Name ist bekannt), obwohl die Widerstandsbewegung Prantls Leben gleich nach dem Krieg untersucht und ihm eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt hatte. Der Vorwurf konnte zudem von seinem Verleumder nie belegt werden. „Tatsache ist, dass sich in dieser Sache sogar Bischof Rusch aus Innsbruck, ein entfernter Verwandter Prantls, einschaltete und die Gerüchte zurückwies, was aber Josef Prantl nichts nutzte, denn Rubey wurde zum Musikdirektor ernannt und Prantl blieb ohne Anstellung. Das Schreiben von Bischof Rusch ist derzeit das einzige schriftliche Dokument in dieser ganzen Sache. Bemerkenswerterweise wurde der in diese Zeit fallende Akt über die Musikschule im Rathaus von einer Schreibkraft Rubeys ausgehoben und ist bis jetzt nicht mehr auffindbar.“ (Quelle: Dir. Mag. Thomas Greiner, Chronik der Städtischen Musikschule Bludenz, 21.12.2015).

 

Anfang November 1947 kam es zu einem weiteren Vorfall zwischen Pepi Prantl und dem Bürgermeister der Stadt Bludenz, woraufhin letzterer in einem Schreiben an alle Orchestermitglieder mitteilte, dass nicht Herr Prantl der Leiter des Städtischen Orchesters sei, „sondern nach wie vor Herr Hans Rubey städtischer Musikdirektor ist.“ Wahrscheinlich kam es deshalb zur Abspaltung der „Orchestervereinigung“, mit der Pepi Prantl bald darauf seine Operette „Die Zwillinge“ nun auch in Bludenz noch einmal sehr erfolgreich zur Aufführung brachte (eine weitere Aufführung in Schruns wurde auf dubiose Weise durch das Land Vorarlberg verhindert).

 

Erst im Frühjahr 1949 fanden in und mit der Stadt Bludenz lösungsorientierte Gespräche statt und beide Orchester konnten letztlich wieder zu einem zusammengeführt werden, welches abwechselnd von Rubey und Pepi Prantl dirigiert werden sollte. Pepi Prantl wurde aufgrund seiner prekären finanziellen Situation eine Stelle als Klavierlehrer an der Musikschule angeboten, die er annahm.

 

Sein Gesundheitszustand war mittlerweile schon sehr labil. Aber das hielt ihn nicht davon ab, sich weiterhin intensiv seiner Leidenschaft – seiner Musik zu widmen. Ein heftiger Herzasthmaanfall beendete schließlich im November 1951 nach einer Probenarbeit sein Leben. So blieb Pepi Prantl der große musikalischer Erfolg zu Hause bis zu seinem frühen Tod verwehrt. Und während sein Name in Santa Catarina noch immer präsent ist: hier wurde er fast vergessen...

Der Komponist Josef Anton "Pepi" Prantl