YARA – die deutsch-brasilianische Oper

Oper – Musik: Pepi Prantl; Text: Otto Nohel

Über die erste und heute noch einzige deutsch-brasilianische Oper YARA lässt sich kaum in einer Weise berichten, dass sie – ob all ihrer Facetten – schnell, verständlich und dann auch noch korrekt interpretierbar sein dürfte. So muss man sich zuerst mit einigen sehr unterschiedlichen Aspekten auseinandersetzen. Und selbst dann wird man sich erst nach und nach im Stande fühlen, alles sinnvoll miteinander zu verknüpfen.

Über die Oper YARA gibt es somit auf verschiedenen Ebenen recht viel zu erzählen. Da wären mehrere ihr zugrunde liegenden Motive, die recht wild miteinander verwoben werden:

  • indigene, germanische, griechische und christliche Mythologie
  • europäische Sagen-/Märchen-/Zauberdichtung
  • die europäische Kolonisierung von Brasilien
  • damit verbunden, die gewaltsame Niederringung
    der dort bereits lebenden indigenen Stämme
  • das Drama der Migration vieler Menschen in eine fremde Kulturlandschaft in Bezug auf deren eigenen Identität

Und alles findet sich bereits im original Libretto von 1930/1931. Doch leider in einer qualitativ schlechten Umsetzung des sehr schnell und recht oberflächlich gewebten Handlungsfadens ("Drei Tage und Nächte, fast ohne zu ruhen, habe ich an meiner Yara geschrieben", erklärte Nohel, "von einem heiligen Feuer ergriffen, habe ich sie unter tausenden Tränen aus einem Gusse geformt."). Darin liegt gleichsam die große Schwachstelle der originalen Version.

 

Zur Aufführung gelangte deshalb 1936 eine stark bearbeitete Version des ursprünglichen Librettos. Doch auch dort müssen noch immer zahlreiche Hintergründe und Anspielungen der eigentlichen Handlung in Bezug auf literarische Vorbilder, verwendete Symbole und historische Gegebenheiten erläutert werden. Zudem wurde die Uraufführung der Oper YARA inhaltlich selbst bereits von den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in Brasilien und der ganzen Welt geradezu "überrollt".

 

Ungeachtet dessen wurde die Komposition handwerklich sehr gut gemacht. Zudem "... erreicht es der Komponist immer wieder, durch berührende Momente die nicht immer ganz unproblematische Erzählweise der Handlung frisch zu halten", resümiert der Komponist und Dirigent Thomas Hennig.

 

So gelangte die YARA in Joinville und Curitiba zu einem sehr erfolgreichen und umjubelten... Misserfolg. Denn einerseits war die Resonanz im Publikum (wie auch bei den regionalen Medien) unermesslich groß: Die Aufführungen haben den Menschen damals das Herz im wahrsten Sinne des Wortes zum Überlaufen gebracht. Andererseits konnte die Oper im sich politisch bereits wandelnden Brasilien des Jahres 1936 nicht mehr auf große Tournee gebracht werden, wie das von allen Beteiligten erhofft und geplant war.

 

Deshalb (vermutlich aber nicht nur) ging Pepi Prantl kurz darauf (1937) mit seiner Oper YARA im Gepäck nach Deutschland zurück. Dort wurde sie aber trotz mehrfachen und intensiven Bemühens erst gar nicht mehr zur Kenntnis genommen. Einzig, was wir hier als Hörbeispiel veröffentlicht haben, konnte damals in Berlin aufgenommen und über die Jahre immerhin mehrfach im Radio gehört werden. Zwei Sendungen im Jahr 1937 in Berlin sind indes dokumentiert.

 

Ungeachtet dessen ist und bleibt die Oper YARA ein sehr eindringliches Dokument der kulturellen Identität der deutschen Einwanderer/Siedler zu Beginn des 20. Jh. und spiegelt eine noch recht unbekannte Seite der Geschichte im deutsch-brasilianischen Verhältnis. Und genau aus diesem Grund müssen wir sie endlich wieder nach Hause bringen! 


Martin Stock, Mäder – Januar 2023



Die Oper YARA – in fünf Kapiteln

Die der Oper zugrunde liegende Legende

Das Original-Libretto und Otto A. Nohel


Der Komponist und die Uraufführung 1936

Die verlorenen Jahre: 1938-1951

Projekt "Oper YARA" – rekonstruiert und adaptiert

Der Komponist Josef Anton "Pepi" Prantl